Multifokale Pulmonale Infiltrate – nicht immer lautet die Diagnose »Pneumonie«

Die Endokarditis des rechten Herzens wird immer wieder als Pneumonie verkannt. Wer Anamnese und Bildgebung ernst nimmt tappt nicht in diese Falle.
Staphylococcus aureus, septische pulmonale Herde, Endokarditis

Multiple bipulmonale einschmelzende Rundherde: Eigentlich ein »no-brainer«

Eine 27 Jahre alte Frau wird mit einem am Vortag akut aufgetretenen septischen Krankheitsbild eingeliefert. Bis auf eine HIV-Infektion mit gutem Immunstatus unter antiretroviraler Therapie hat sie keine Vorerkrankungen. Der GCS bei Aufnahme ist 12, die Atemfrequenz 32/min, die Herzfrequenz 120/min, und der Blutdruck 80/60mmHg. Sie hat diskrete Unterschenkelödeme beidseits. Ansonsten ist die orientierende körperliche Untersuchung unauffällig. Das CrP liegt bei 164mg/l, die Leukozyten bei 7.500/µl.

Das Bild zeigt einen repräsentativen Schnitt durch die Lunge der Patientin. Wenn man sich länger mit ihr unterhält, erfährt man, dass sie gelegentlich Spritzdrogen gebraucht, und wenn man genauer und weniger orientierend untersucht, entdeckt man eine Verhärtung am linken Unterarm, die Ausdruck eines Abszesses ist. Echokardiografisch findet sich eine 27x22mm durchmessende frei flottierende Struktur an der Trikuspidalklappe im Regurgitationsjet. In sechs von sechs abgenommenen Blutkulturflaschen wächst Staphylococcus aureus.

Der Zustand des Herzens unserer Patientin spiegelt sich im Zustand der Lunge wider, und es ist die Bildgebung der Lunge, die bei vielen Patient*innen mit Rechtsherzendokarditis den ersten Hinweis auf die Erkrankung liefert. Im konventionellen Röntgenübersichtsbild ist oft nur ein Teil dieser septischen Streuherde in der Lunge zu sehen. So kommt es, dass die Erkrankung immer wieder als (bilaterale) Pneumonie verkannt und entsprechend behandelt wird. Die Kombination aus bipulmonalen Infiltraten mit einer S. aureus Bakteriämie muss immer eine CT des Thorax triggern: Wenn Sie dann ein solches Computertomogramm sehen, können Sie eine Wette auf eine Rechtsherzendokarditis abschließen und Ihr Kühlschrank wird sich mit Champagnerflaschen füllen.

Hier kommt es darauf an, die Anamnese der Patient*innen unvoreingenommen zu erheben und die körperliche Untersuchung ernst zu nehmen, um diese wichtige Differentialdiagnose der bilateralen Pneumonie nicht zu verpassen.

Eine Endokarditis muss schnell diagnostiziert und interdisziplinär behandelt werden. Unser Endokarditis-Team besteht aus Infektiolog*innen, Kardiolog*innen, Nephrolog*innen, Neurolog*innen, Neuroradiolog*innen und Kardiochirurg*innen und kümmert sich darum, die zahlreichen Untersuchungen und die Therapie nach einem festgelegten Standard ohne Zeitverlust umzusetzen.

Dr. Bijan Goshtasb
Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Diabetologie
Klinik für Gastroenterologie

Hinweis
Sämtliche Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter.