Optimistische Gedanken zum Weltaidstag 2024

40.000.000 Menschen leben auf diesem Globus mit HIV, ohne Aussicht auf Heilung. Sie müssen Medikamente einnehmen - eine Therapie fürs Leben. Menschen mit HIV nehmen diese Therapie fürs Leben nicht nur für ihre eigene Gesundheit ein, sondern auch für die Gesundheit all derjenigen Menschen, die keine HIV-Infektion haben. Mit jeder Tablette, mit jeder Spritze tragen sie dazu bei, dass sich HIV nicht weiterverbreitet. Für ihr Engagement und ihre Disziplin gebührt ihnen unser Dank. Ihr Beitrag für die öffentliche Gesundheit der Welt, Deutschlands und Berlins ist unermesslich.
Optimistische Gedanken zum Weltaidstag 2024

 

Sieben Menschen wurden bis heute von Ihrer HIV-Infektion geheilt, zwei davon in Berlin [1, 2], einer in Düsseldorf [3].

Aber, wir leben 2024 noch nicht in der Welt, die sich die UNAIDS vorgestellt hatte. In einer Welt ohne Aids. In einer Welt in der 95 Prozent aller Menschen mit HIV von ihrer Infektion wissen, 95 Prozent davon eine Therapie bekommen und 95 Prozent davon keine nachweisbare HI-Viruslast mehr haben. Noch nicht alle Menschen mit HIV wissen um ihre Infektion, und wenn sie es wissen, dann haben sie nicht automatisch Zugang zu einer Therapie, zu einer Therapie, die das Virus davon abhält, sie selbst krank zu machen - und - die das Virus davon abhält, auf andere Menschen überzuspringen.

In Deutschland wissen fast 10 Prozent der Menschen mit einer HIV-Infektion nichts von Ihrer Infektion. Das reicht nicht, um Aids zu beenden. Wir müssen Menschen dabei helfen, sich testen zu lassen.

Wie gehen wir das an?

Wir sind endlich dabei eine nationale Teststrategie auszuarbeiten. Eine solche Strategie gibt es tatsächlich bisher nicht, es gibt nur lokale Teststrategien.

Wir sind auch dabei, nüchterner über die Fragen der Aufklärung und die Einwilligung vor dem Test im Rahmen von Testprojekten zu diskutieren. Und langsam sickert die Erkenntnis durch, dass ein Mensch mit HIV nur dann behandelt werden, und damit seinen Beitrag für die öffentliche Gesundheit leisten kann, wenn er Zugang zu Therapie bekommt. Oder - klipp und klar ausgedrückt - wenn er krankenversichert ist.

Unsichere Zeiten haben ihr Gutes. Im Angesicht der Gefahr erstarrt der Mensch, er flieht oder er kämpft. Die Welt ist verunsichert. Auf der Welt-Aids-Konferenz 2024 in München war diese Verunsicherung in jeder Session greifbar. Aber die Reaktionen waren nicht starr, sie waren nicht erfüllt von Fluchtgedanken, sondern sie waren kämpferisch und optimistisch.

Dr. Hartmut Stocker
Facharzt für Innere Medizin und Infektiologie
Klinik für Infektiologie und HIV-Medizin

Literatur

  1. Hütter G, Nowak D, Mossner M, Ganepola S, Müssig A, Allers K, Schneider T, Hofmann J, Kücherer C, Blau O et al: Long-term control of HIV by CCR5 Delta32/Delta32 stem-cell transplantation. The New England journal of medicine 2009, 360(7):692-698, DOI: 10.1056/NEJMoa0802905.
  2. Mallapaty S: Seventh patient 'cured' of HIV: why scientists are excited. Nature 2024, 632(8024):235-236, DOI: 10.1038/d41586-024-02463-w.
  3. Jensen BO, Knops E, Cords L, Lübke N, Salgado M, Busman-Sahay K, Estes JD, Huyveneers LEP, Perdomo-Celis F, Wittner M et al: In-depth virological and immunological characterization of HIV-1 cure after CCR5Δ32/Δ32 allogeneic hematopoietic stem cell transplantation. Nat Med 2023, 29(3):583-587, DOI: 10.1038/s41591-023-02213-x.